Orgel am Wiener Hof


Wer

 

Peter Tiefengraber

 

Programm

 

 Johann Jakob Froberger (1616-1667)

             Toccata II in d-Minor, FbWV 102

             Canzon I in d-Minor, FbWV 301

 

Hans Leo Haßler (1564-1612)

             “Wir glauben all’ an einen Gott”

 

 Johann Pachelbel (1653-1706)

             Ciacona f-Moll

 

Wolfgang A. Mozart (1756-1791)

             Adagio und Allegro in f, KV 594

 

Simon Sechter (1788-1867)

             Sechs Variationen über “Gott erhalte”

 

 Georg Muffat (1653-1704)

             Toccata VII: Apparatus Musico-Organisticus 1690

 

 

Wann und Wo

 

Mittwoch, 11. Juli 2018

 

Evangelische Kirche

 

Kirchengasse 3, 7411 Markt Allhau


Kartenpreise

 Eintritt frei, um angemessene Spende wird gebeten

Das heute Abend gespielte Programm nimmt das Gedenkjahr 2018 als Anlass ein Programm vorzustellen, das vorrangig aus Werken von Komponisten des Wiener Hofs zusammengestellt ist. Bewusst möchte ich hier den Titel Hoforganist vermeiden, weil nicht alle bestellte Organisten am Hof waren, sondern teilweise nur in Wien gewirkt haben.

 

Johann Jakob Froberger wurde mit 21 Jahren erstmals als Hoforganist angestellt und kehrte nach einer ausgedehnten Reise 1653 wieder an den Wiener Hof zurück. Wie wenige Komponisten hat er die Entwicklung der Tastenmusik in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts beeinflusst. Sein Libro secondo von 1649 ist ein wahres Eldorado für Tasteninstrumentalisten und erfreut sich nicht nur deshalb großer Beliebtheit. Die Toccata II in d-Moll und die Canzon I in d-Moll entstammen jenem Libro secondo und zeigen deutlich die Entwicklung aus den Werken seines Lehrers Girolamo Frescobaldis (Italien) heraus.

 

Wenngleich Hans Leo Haßler nie in Wien war, kann man ihm und seinem Werk womöglich große Bedeutung für das Habsburger Imperium attestieren, wurde er doch im Jahr 1595 von Kaiser Rudolf II. in den Adelsstand erhoben. Seine Komposition über Luthers deutsches Credo „Wir glauben all‘ an einen Gott“ birgt zwei verschiedene Kompositionsprinzipien in sich: Die erste Liedzeile führt Haßler nach Art eines Ricercarthemas mit vier imitierenden Einsätzen durch, alle übrigen Liedzeilen bearbeitet er dagegen als fortlaufenden Oberstimmen-Cantus-firmus. Eine Intensivierung durch zweimalige Wiederholung in tiefer und hoher Lage erfährt lediglich die siebente Choralzeile „allem Unfall will er wehren“. In der letzten Choralzeile wird die Bewegung der Unterstimmen aufgegeben; es kommt zu einem blockhaft-starren, teilweise fünfstimmigen Satz über Orgelpunkten.

 

Johann Pachelbel studierte drei Jahre lang in Wien und lernte hier, vermutlich bei Johann Caspar Kerll, die süddeutsche Tradition kennen. Seine Variationskunst stellt Pachelbel in mehreren Variationsfolgen über Arien und Choräle und den Ostinato-Werken unter Beweis. Pachelbel vertont in all seinen Ostinato-Kompositionen einen viertaktigen Gerüstsatz, welcher das harmonische und melodische Material für die Variationen liefert. Die Ciacona in f-Moll ist heute nicht mehr zur Gänze erhalten und so wird das Stück mit der Wiederholung der ersten acht Takte beendet.

 

Zum Hoforganist oder Hofkomponist am Wiener Hof hat es für Wolfgang Amadeus Mozart nicht gereicht, nur zum Kammermusicus wurde er von Kaiser Joseph II bestellt. Dennoch sind seine Kompositionen für die Entwicklung der Musik am Hof und in der ganzen Stadt von enormer Bedeutung. Obwohl Mozarts Interesse für die Orgel ein offenes Geheimnis ist, steht diesem keine entsprechende Anzahl an Werken gegenüber – ein oft bedauertes Faktum. Wenn sich auch einzelne Klavierwerke auf der Orgel darstellen lassen, so sind als eigentliche Orgelwerke nur die für selbstspielende Flötenuhr bestimmten Kompositionen anzusprechen. Dazu zählt auch das Adagio und Allegro in f, KV 594 welches gemeinsam mit den beiden anderen Stücken 1790/91 als Auftragswerk entstanden ist. Das Orgelwerk, für das diese Komposition bestimmt war, stand in dem von Joseph Graf Deym eingerichteten „Mausoleum“, das dem 1790 verstorbenen Feldmarschall Gideon Freiherr von Laudon gewidmet war. Der Trauercharakter ist im Stück deutlich wahrzunehmen und wird nur im Mittelteil, in dem die militärischen Taten des Freiherrn gerühmt werden, verdrängt.

 

Simon Sechter ist als Wiener Hoforganist, anerkannter Theoretiker und gesuchter Lehrer für mindestens zwei Komponisten-Generationen auf den Gebieten des strengen Satzes und Kontrapunktes in die Musikgeschichte eingegangen. Die „Sechs Variationen oder contrapunktische Sätze über das österreichische Volkslied Gott erhalte Franz den Kaiser für die Orgel oder das Piano Forte, dem Herrn Joseph Eybler K:K: ersten Hof-Kapellmeister in Achtung gewidmet“, publizierte Sechter um 1827/28. Es scheint, dass hier von Sechter die Beschäftigung mit einer traditionellen Form der Orgelkompositionen und kontrapunktischen Schreibweise demonstriert wurde, wobei er erst in zweiter Linie an ihre klangliche Darstellung gedacht hat. Dennoch haben viele der Variationen auch klanglich durchaus ihren Reiz.

 

Mit Georg Muffats Toccata Septima schließt das Konzert mit dem Werk eines großen Europäers. Dass man das von Muffat behaupten kann, wird nicht zuletzt durch die Vielzahl der Stile seiner Kompositionen deutlich. 1690 verfasste er den Apparatus Musico-Organisticus, in welchem sich 12 Toccaten, eine Ciacona und Passacaglia sowie eine Aria Nova Cyclopeias Harmonia befinden. Die Sammlung fand eine enorme Verbreitung, wurde sie doch in Handschriften aus dem deutschen, italienischen, französischen und englischen Raum kopiert und noch Jahre nach Muffats Tod in Wien nachgedruckt. Die Toccta Septima erweist sich in der Sammlung als eine der modernsten: Der Ouvertüren-ähnlichen Einleitung folgt ein Abschnitt, der ein Motiv nicht imitatorisch durchführt, sondern über Generalbassakkorden abwechselnd in einer einzigen Stimmen sequenziert. Nach dem gleichen konzertanten Prinzip wird im folgenden Allegro-Teil ein Sechzehntelmotiv durchgeführt, ehe eine freie Überleitung in eine ausgedehnte Quadrupelfuge zu vier Stimmen mündet.

 

Peter Tiefengraber

 

wurde 1991 geboren und wuchs in Pinkafeld (Burgenland/Österreich) auf. Nach Unterricht bei seinem Onkel (Klavier) und an der örtlichen Musikschule (Orgel), war er ab 2005 an der Kunstuniversität Graz, Institut Oberschützen, als außerordentlicher Student immatrikuliert. Am Joseph Haydn Konservatorium Eisenstadt studierte er ab 2010 Orgel und Instrumentalpädagogik bei Ulrike Theresia Wegele. Ab 2011 folgten ein Musiktheorie- (bei Gesine Schröder) und später die Fortsetzung des Orgelstudiums (bei Pier Damiano Peretti; Diplomprüfung 2017 mit Auszeichnung) an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Nach Abschluss dieser Studien wurde ihm jeweils der akademische Grad „Magister artium“ verliehen. Seit 2017 studiert er katholische Kirchenmusik. Künstlerisch inspirierend waren Orgel-Meisterkurse bei Michael Radulescu, Ludger Lohmann, Jon Laukvik, Jürgen Essl, Luigi Ferdinando Tagliavini, Jean-Claude Zehnder und Michel Bouvard.

 

Er ist sowohl als Organist, als auch als Musiktheoretiker im In- und Ausland gefragt und veröffentlichte bereits einige musiktheoretische Beiträge (Essay zu Johann Nepomuk Davids „Gottesminneliedern“, sowie zu Anton Bruckners „metrischen Ziffern“). Im Studienjahr 2017/18 ist er als Lehrbeauftragter für Tonsatz an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig tätig.

 

Konzertant durfte er bisher in Deutschland, Frankreich, Österreich und Schottland, sowie bei Fernseh- und Rundfunkmessen auftreten. Seit 2015 ist er regelmäßig als Gastorganist an der Wiener Augustinerkirche und im Eisenstädter Dom zu hören. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Arbeit als musikalischer Leiter. Mit dem „Chor der Stadtpfarre Pinkafeld“ führt er jährlich große Orchestermessen von Mozart und Haydn auf und dirigierte bereits große Werke der Orchesterliteratur.

 

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Plakat Orgel am Wiener Hof
Plakat Musik am 12ten 11.07.2018 Orgel a
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